Erblühen meines inneren Kindes im Bad der Heilsteine

Veröffentlicht am 23. Januar 2022 um 13:37

Im Land meiner Seele beobachte ich wie große Architekturelemente über den Himmel angeschwebt kommen. Sie lassen mich gleichermaßen an die chinesische Mauer und römische Aquädukte denken. Die einzelnen Bauteile verbinden sich zu einer gigantischen, endlos langen Formation, dessen Ende mit bloßem Auge nicht zu erkennen ist. Mein Drache Saphira kommt mir zu Hilfe und wir fliegen über diese seltsame Mauer hinweg, folgen ihr, bis wir in noch luftigere Höhen gelangen. Auf einem kargen, unbegrünten Bergrücken erblicke ich ein Gebäude mitten auf der Mauer, die dieses links und rechts einkeilt. Wir setzen auf der breiten Mauer auf. Ich spüre tatsächlich das Gewicht des Drachens, als der Boden unter uns erzittert. Zielgerichtet trete ich in das steingraue Gebäude ein und der Hüter des Berges und der Steine empfängt mich. 

Der Hüter ist ein alter Mann mit Schnurrbart und Hut. Sein Gewand fällt lang zu Boden, es funkelt und glitzert, da es mit Edelsteinen übersät ist. Der Stab in seiner Hand kringelt sich am oberen Ende, wo ebenfalls kleine Steine ins Holz eingelassen sind und bezaubernd funkeln. Sogleich begrüßt er mich und dankt, dass ich hier bin. Ich will von ihm wissen, was es mit der Mauer auf sich hat. Darauf seine kurze Antwort: „Die Mauer kommt aus deinem Verstand, sie war nötig, um dich hierher zu führen. Ihren weiteren Sinn wirst du noch erkennen.... Komm, steig ein und empfange.“ Dabei deutet er auf eine, aus natürlichem Stein gewachsene Wanne, deren innerer Rand mit lilafarbenen Amethysten verwachsen ist, eine sogenannte Druse. Diese ist mit weiteren losen Edelsteinen gefüllt, die geheimnisvoll glänzen. Bedenkenlos steige ich ein und danke für das Licht und die Liebe, die ich empfange. Der Hüter nickt mir zu und augenblicklich beginnt der riesenhafte, wannenartige Stein über meinem Körper weiterzuwachsen und sich zu verschließen, bis ich abgesehen von meinem Gesicht komplett von Steinen eingehüllt bin. Der Alt legt mir eine feingewebte Maske mit Edelsteinen aufs Gesicht und ermahnt mich, die Steine zu spüren, ihre Seele wahrzunehmen. Und ich lasse mich darauf ein. Ich fühle sie wie Lebewesen, die sich leise bewegen und mich dabei massieren. Ich kann ihr Gemurmel sogar hören. Und ich sinke noch tiefer, bis ich von Wasser umgeben bin. Erschrocken tauche ich auf und schnappe nach Luft. Der Hüter steht gelassen auf einer Wiese und beobachtet mich. Er sagt mir, was ich zu tun habe: „Fließe mit den Steinen, spüre sie, wie sie fließen! Gib dich ganz hin.“

Ich tauche ab und spüre den heilsamen Strom. Ich spreche laut aus: „Ich danke, dass ihr meine Chakren durchspült und kräftigt. Ich danke, dass ihr mich fühlen lehrt.“ Ich bin elektrisiert. Liege vermutlich ewig so da, spüre mal den Fluss, mal die Steine auf meiner Hand, angenehm und harmonisch. Nach einer gefühlten Ewigkeit sehe ich mich plötzlich in einer prallgefüllten Schatzkammer. Eine Mini-Truhe steht auf einem Sockel direkt vor mir. Sie ist geöffnet und eine goldene Schale mit dampfendem Inhalt befindet sich darin. Ich halte meine Hände darüber und segne sie. Unverzüglich verwandelt die Schale sich in eine Kette, die ich um meinen Hals lege. Es ist eine bräunliche Papierblume, groß mit vielen Blütenblättern. Eine Stimme, allgegenwärtig, lässt mich aufhorchen: "Es ist deine Herzensblume. Sieh wie vertrocknet sie ist! Kümmere dich gut um dich und sie wird erstrahlen."

Ich nehme es an und fließe wieder mit den Steinen im Fluss des Lebens. Die Schatzkammer ist verschwunden, als wäre sie nie dagewesen. Dann fallen bunte Farbstrahlen auf meine Chakren und ich weiß, ich empfange. Und wieder erklingt die Stimme, die alles weiß: "Nur weil du Liebe gibst, bist du bereit zu empfangen. Es ist immer ein Geben und Nehmen. Du bekommst das, was du für deine Entwicklung benötigst. Gib dich hin und genieße!" Wieder tue ich es, bis ich irgendwann eine bedrückende Enge spüre. Ich fühle plötzlich die Enge der geschlossenen Wanne, als würde sie mir jetzt erst bewusst. Ich atme in mein Becken und weite mich. Immer wieder. Ich weite mich über meinen Körper aus, dehne mich aus, bis ich alles von oben betrachte. Dann höre ich die Stimme des Hüters der Steine und des Berges. Es ist nur ein Wort: „Segne“. Ich hebe meine Hände und segne die ganze Welt und arbeite mit dem Lichtnetz aus Liebe. Danach spüre ich die Zeit gekommen, die Wanne zu verlassen. Der Stein weitet sich und gibt meinen Körper frei. Die vormals glitzernden Steine haben ihre Farbe verloren; stumpf-weiß wie Salz kullern sie zur Seite. Ich steige strahlend aus dem Steinbad heraus. Auch die Kette mit der Herzensblume auf meiner Brust strahlt nun wie ein wunderschöner durchschimmernder Edelstein. Sie ist nicht mehr aus Papier sondern aus fein gewachsenem weiß-blauem Stein. Ich bedanke und verabschiede mich.

Mit meinem Drachen fliege ich davon und schon von weitem sehe ich ein kleines Mädchen mit geflochtenen Zöpfen. Es versteckt sich im Schatten der großen Mauer. Es ist so grau wie der Schatten selbst. Ich halte Saphira an, dort zu landen, gehe auf die Kleine zu und frage, was mit ihr los ist. Zögernd antwortet sie: „Ich habe Angst vor der großen Welt. Ich will nicht, dass mich jemand sieht.“ Ich erkenne in ihr mein inneres Kind. Fürsorglich nehme ich sie auf den Arm, stupse sie an der Nasespitze an und erkläre ihr, dass sie keine Angst vor der Welt zu haben braucht. Und dass sie dort die größten Abenteuer erleben kann. "Du brauchst dich nicht zu verstecken. Komm mit mir ins Licht! Ich will dir meine Herzensblume-Kette schenken. Sie wird dich nähren." Ich hänge ihr die Kette um. Augenblicklich verschwinden die Schatten aus dem Kind und es wirkt lebendig: Die Hautfarbe rosig und ein Lächeln auf den Lippen. Wir laufen auf den Berg der Erkenntnis. Das Mädchen schwirrt mit Elfenflügeln auf dem Rücken neckisch um mich herum. Gemeinsam sehen wir zu wie die riesige Mauer gen Himmel schwebt und aus meinem Seelenraum verschwindet. Ich begreife sie nun als die Mauer, die ich mir selbst damals als Kind geschaffen habe, weil ich Angst vor der Welt hatte. Die Welt ist schön und wir alle sind ein Teil davon. Ich bin nun eine Powerfrau und ich will jetzt gesehen werden. Ich habe keine Angst mehr, angesehen zu werden. Danke.

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